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Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik

Vergleich von Real- und Simulationsdaten zur Spurwechselprädiktion in Autobahnszenarien

Erfasste Datensätze Real und Simuliert © RST​/​TU-Dortmund
Daten in Tabelle © RST​/​TU-Dortmund

Um menschliche Fahrer in bestimmten Fahrszenarien durch die Übernahme der Fahraufgabe zu entlasten (SAE Level 2 bis 4) oder vollständig von der Fahrzeugführung zu entbinden (SAE Level 5), muss ein automatisiertes Fahrzeug selbstständig die jeweiligen Verkehrssituationen zuverlässig lösen können. In der gesamten Prozesskette ist die schlussendliche Regelung und Steuerung des Fahrzeugs das letzte Glied, welches von den Insassen eines automatisierten Fahrzeugs wahrgenommen wird. Vom Beginn dieser Kette, der Umgebungserfassung, sind ggf. einzelne Sensoren wie Kamera, Radar oder Lidar nach außen sichtbar. Der größte und komplexeste Teil der Kette sind jedoch Software Module, die weder offen sichtbar noch direkt für die Insassen spürbar sind. Für Passagiere sind diese oft nur indirekt über die finale Fahrzeugführung erlebbar. Ein zentrales Glied dieser Prozesskette ist die Bewegungsprädiktion anderer Verkehrsteilnehmer. Durch Interaktionen zwischen Fahrzeugen wird andauernd und fortwährend die theoretisch mögliche Bewegungsfähigkeit des automatisierten Fahrzeugs eingeschränkt, da andere Fahrzeuge bestimmte Bereiche direkt besetzen oder ein sicheres und komfortables Befahren unmöglich machen. Je präziser und früher die zukünftige Bewegung umgebender Verkehrsteilnehmer geschätzt werden kann, desto vorausschauender (sicherer und komfortabler) kann das automatisierte Fahrzeug seine eigne zukünftige Bewegungstrajektorie planen und diese schließlich auch einregeln.

Da Autobahnsituationen bereits von sich aus eine stakt strukturierte (parallele Fahrspuren mit definierter Zulässigkeit von Fahrspurwechseln – durch verschiedene Fahrspurmarkierungen) und vereinfachte (kein querender Verkehr) Umgebung darstellen, erlaubt eine vergleichsweise einfache Klassifikation von Spurwechselmanövern umgebender Verkehrsteilnehmer eine ziemliche genaue Prädiktion des zukünftigen Bewegungszustandes. In den beschriebenen Szenarien liefern simple Modelle für die Längsdynamik (wie die Annahme konstanter Geschwindigkeit oder Beschleunigung) hinreichend genaue Prädiktionen in der Hauptbewegungsrichtung. Damit teilt sich die Hauptvariabilität der Bewegungsprädiktion auf die Erkennung des korrekten Spurwechselzustandes auf. Dafür werden die drei Klassen Spurwechsel nach links (SWL), Spurwechsel nach rechts (SWR) und Spurhalten (KSW/SH) unterschieden. Als Eingangsmerkmale werden die Zeitreihendaten verschiedener kinematischer Zustandsgrößen betrachteter Fahrzeuge und situative Merkmale genutzt. Situative Merkmale beschrieben die Relationen von Fahrzeugzuständen zweier Fahrzeuge relativ zueinander. Da in der realen Welt aufgenommene Daten zwar einerseits eine große Vielfalt an möglichen Verkehrsszenarien aufweisen aber andererseits durch Sensoreffekte wie Rauschen und Verdeckungen überlagert sind, erscheint es sinnvoll alternativ oder ergänzend Simulationsdaten hinzu zu nehmen um die Größe des Datensatzes mit „idealen“ Daten zu erweitern. In unserer Arbeit haben wir daher untersucht wie Real- und Simulationsdaten bestmöglich kombiniert werden sollten, um einen guten Spurwechselerkennungsalgorithmus zu trainieren. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit besteht in der Entwicklung aussagekräftiger und Anwendungsfall-spezifischer Metriken zur Bewertung der Spurwechselprädiktion.